Der ehemalige Grafiker-und Allroundkünstler Siegfried Kössel

Wer von Wied­mar kommend in Richtung Zell unter­wegs ist, dessen Blick trifft im Eisen­berger Ortsteil Holz auf eine schmucke Engelkapelle und ein stattliches, ehe­mals landwirtschaftliches Gebäude im Allgäuer Stil. Hier, auf dem Anwesen des Kunstschaffenden Siegfried Kös­sel, der am 12. 12. 2013 im gesegneten Alter von 90 Jahren verstorben ist, fin­den sich ungezählte Werke seines le­benslangen künstlerischen Schaffens. Das Anwesen mit den unendlichen Kunstschätzen wird von Lisa Fischer-Kössel, sie ist die Adoptivtochter von Siegfried Kössel mit großer Hingabe betreut und verwaltet.

Der Grafiker, Galerist und Kunst­schmied Siegfried Kössel aus Holz war ein Allroundkünstler, der den Namen Eisenbergs weit über die Grenzen der Region hinaus getragen und mit bunten Farbtupfern ruhmvoll bekannt gemacht hat. Zwar ist den Einheimischen sein Wirken in groben Umrissen bekannt, doch nur wer seinen Malerhof in Holz auch von innen gesehen hat, kann seine künstlerische Vielseitigkeit erahnen. Was in diesem altehrwürdigen Bauern­haus in über 50 Jahren alles entworfen, gestaltet und verwirklicht wurde, ver­ursacht schlichtweg ungläubiges Stau­nen. Es reicht von der Bilder-, Wand- und Deckenmalerei bis hin zu meis­terhaften Kunstschmiede- Holz- und Metallarbeiten. Was es in seinem Ma­lerhof, dem aufgelassenen landwirt­schaftlichen Anwesen seiner Eltern zu bewundern gibt, ist allerdings nur ein Bruchteil dessen, was in seiner über 50-jährigen Künstlertätigkeit von ihm erdacht und geschaffen wurde. Der Autodidakt machte sich als Gestalter von Häuserfassaden, Gaststuben und edlen Hoteleinrichtungen in Bayern, Österreich bis Südtirol ebenso einen Namen wie mit Firmenlogos oder Metallplastiken. So ist z.B. das Gesicht der Stadt Füssen, insbesondere die Alt­stadt, eindeutig von den künstlerischen Zügen Kössels geprägt. Aber auch in der Gemeinde Eisenberg sind überall seine Spuren zu finden; unter anderem im Burghotel Bären oder eines seiner Erstlingswerke, das vertraute Bild an der einstigen Volksschule in Zell. Im gesamten süddeutschen Raum und weit darüber hinaus hat sich Siegfried Kössel mit seinen Werken verewigt. Es gibt im Prinzip keine Technik, die er nicht beherrscht hat. Kössel hat gezeichnet, gemalt, geschweißt und geschmiedet. Jedes seiner Werke ist ein Unikat und es ist gar nicht möglich, eine Arbeit beson­ders hervor zu heben. Trotzdem darf das Kriegerdenkmal in Zell nicht uner­wähnt bleiben. Hier gelang es quasi dem „Prophet im eigenen Land“, eine Zeit­epoche des Schreckens und der Men­schenverachtung als modernes Mahn­element vor der eigenen Haustüre zu statuieren. Trotz der modernen Gestal­tung konnten ihm selbst konservative Zeitgenossen die Anerkennung für die­ses Werk nicht verwehren. Überwäl­tigend in Form und Ausdruckskraft sind seine schmiedeeisernen Kreuze und eine besondere Beziehung hatte Kössel zu Bergkristallen. Er konnte der Schönheit dieser Mineralien nicht widerstehen und hat, wie er mit Begeisterung erzählte, daran Feuer gefangen. Bergkristalle wollen gefasst werden und so zur vollen Entfaltung kommen; sie sind meine Welt, sagte der Künstler.

Der Lehrer entdeckte seine Talente

Er war künstlerisch nicht vorbelastet, doch sein Talent war schon seinem Lehrer in der Volksschule Zell aufge­fallen. Im Krieg wurde er schwer ver­wundet. In einem Lazarett im Baye­rischen Wald lernte er als Kameraden einen Wiener Akademieprofessor ken­nen. Er hat Kössel theoretisch wie auch praktisch viel beigebracht. Siegfried Kössel kehrte 1945 vom Krieg heim, besuchte dann die Kunstschule in Mün­chen Nymphenburg und wurde 1950 Privatschüler bei Professor Wimmer in Wien. Zunächst bewirtschaftete der junge Künstler noch mit seinen Eltern den Hof, doch seine Liebe galt der Kunst. Seine Ehefrau Barbara There­sia, (*1927 † 01. 04. 2004) geborene Eiband aus Kemnat bei Kaufbeuren, führte er 1957 zum Traualtar. Die beru­fene Pädagogin war die ideale Partne­rin, die ihm in allen Lagen nicht nur mit Rat und Tat, sondern auch mit psychischer Unterstützung Kraft, Mut und Durchhaltevermögen gab. Im Jahr 1962 gab Siegfried Kössel, nachdem die Aufträge immer mehr wurden, die Landwirtschaft auf. Als die Lehrerin in den Ruhestand trat, wurde sie zu seiner unentbehrlichen Mitarbeiterin. Es gab fast kein Projekt, das nicht gemeinsam „erdacht“ wurde.

Sein Stolz, die Engelkapelle

Siegfried Kössel blieb auch im vorge­rücktem Alter in seinem Schaffen jung und steckte immer noch voller Ideen. Neben der großartigen Ausgestaltung seines Malerhofes hatte er sich noch einen persönlichen Traum verwirklicht. Dies ist die Engelkapelle auf seinem Grundstück. Trotzdem er nie ein Ge­lübde abgelegt hatte, veranlasste ihn eine innere Beziehung zu den himmli­schen Wesen zur Verwirklichung dieser wunderschönen Gnadenstätte. Nach deren Fertigstellung sprach er mit Stolz von dem lieblichen Kleinod, wo schon ein hoher Würdenträger des Vatikans und persönlicher Berater von Papst Johannes Paul II eine feierliche Messe gehalten hat. Der Künstler setzte sich gern auf das gemütliche „Bänkle“ vor der Kapelle und freute sich, wenn Wanderer Platz nahmen und Zeit für an kleinen Hoigarte fanden.

Ausstellungen geplant

Siegfried Kössel starb am 12. 12. 2013 in seinem Malerhof in Holz, wo er kurz zuvor noch geistig sehr rege den 90. Geburtstag feiern durfte und mit Begeisterung aus seinem Künstlerleben erzählte. Adoptivtochter Lisa Fischer-Kössel hatte den Künstler nach dem Tod seiner Frau Theresia bis zu seinem eigenen Ableben fürsorglich und liebe­voll gepflegt und betreut. Dafür hatte er ihr die Verwaltung aller Kunstgegen­stände und seinen Malerhof anvertraut. Dieser ist bei ihr in besten und ver­trauten und sachkundigen Händen. Nun plant Lisa Fischer-Kössel, wenn endlich die Pandemie überwunden ist, Führun­gen an Wochenenden, deren Termine dann rechtzeitig bekannt gegeben wer­den. Dabei können bei Interesse auch Exponate käuflich erworben werden. ag.

Fotos und Archivbilder: Albert Guggemos

Siegfried und Barbara Theresia Kössel beim gemeinsamen Arbei-ten auf dem Gerüst. So konnte man das Ehepaar oftmals antreffen.